Gaza Dossier: Vertreibung und Containment

November 16th, 2023 - von: migration-control.info

Letztes Update: 18.11.2023

Dossier heißt: keine ausgiebigen Interpretationen, es geht nicht um "Meinung", sondern um eine Basis für eine "qualifizierte Solidarität" mit den Menschen in Gaza und in Israel. Ähnlich unserem Monthly Review haben wir hier Presseartikel und verlässliche Links zu Statistiken und Informationen gesammelt.

Der Krieg in Gaza ist zugleich ein Propagandakrieg; alle Nachrichten müssen kritisch hinterfragt werden. UN News bemüht sich in Fighting for Facts, einigen Fake News entgegenzutreten; TNH beklagt die Doppelstandards in der journalistischen Berichterstattung: Journalism that presents Palestinians as less than human makes their killing more acceptable. Die Massenintelligenz von Wikipedia hat eine relativ gute Resilenz gegen Trolle, aber kein kritisches Potential. Die Reporter von AJE sind vor Ort, aber Katar steht auf der Seite der Muslimbrüder. Die Nachrichtenverbindungen nach Gaza wurde wiederholt unterbrochen, „providing cover for mass atrocities and contributing to impunity for human rights violations.“

Unsere Fragen

fokussieren sich auf die Themen von Migration-Control.info:

  • Wie wurde der Gazastreifen zu einem großen Freiluftgefängnis? Wie wurde Gaza zu einem Ort von Krieg, Hass und Gewalt? Wir suchen nach Ursachen in der Geschichte, der Topographie, der Ökonomie (seit der 2. Intifada) und beschreiben die Grenzbefestigungen im Zusammenspiel von Israel und Ägypten.
  • Welche Vorschläge kursieren für den Umgang mit der palästinensischen Bevölkerung? Aushungern, Kompression im Süden oder Vertreibung in die Wüste?
  • Welche Interessen verfolgt die EU?
  • Welche sozialen Widerstände gibt es in der Region?

Gaza: Topographie und Bevölkerung

Der Gazastreifen ist 40 km lang und zwischen 6 und 14 km breit, das Gelände ist sandig, nur wenige Flächen sind landwirtschaftlich nutzbar. Der Gazastreifen grenzt im Norden und Osten an Israel, im Westen an das Mittelmeer und im Süden an den ägyptischen Sinai. Eine detaillierte Karte gibt es von OCHA als PDF.

Der Gazastreifen ist mit über 2,2 Millionen Einwohner*innen sehr dicht besiedelt. Das nördliche Drittel des Gebiets ist durch die Großstadt Gaza-Stadt geprägt. Hier lebt mehr als die Hälfte der Menschen. 4 km südlich von Gaza-Stadt liegt der Flusslauf Wadi Gaza. Israel hat die Bevölkerung aufgefordert, das Gebiet nördlich dieses Flusslaufs zu verlassen. Das betrifft 1,2 Millionen Personen! Hunderttausende haben sich in Flüchtlingstrecks auf den Weg gemacht in den Süden.

1,7 Millionen sind Nachkommen von Geflüchteten; 492 000 von ihnen leben in Stadtteilen, die als Flüchtlingslager bezeichnet werden. Ihr Lebensunterhalt und die Infrastruktur werden durch die UNRWA gesichert. Die Geburtenrate ist hoch, etwa die Hälfte der Menschen ist unter 19 Jahre alt.

Nach Angabe von OCHA lebten schon vor dem 7. Oktober 2023 59,8 % der Menschen in Armut. Die Industrie besteht zumeist aus Familienbetrieben. Vor dem 07. Oktober arbeiteten 18 500 Menschen in Israel.

Die Verwaltung erfolgt durch die von Katar, der Türkei und dem Iran finanzierte islamistische Hamas, die zudem wie eine Mafia Steuern erhebt. Strom und Wasser werden zum Teil aus Israel geliefert. Ohne kontinuierliche Einfuhr von Baumaterial, Treibstoffen, Geräten und Lebensmitteln auf Lastwagen über die Grenzstationen Kerem Shalom und Rafah ist das Überleben im Gazastreifen nicht möglich.

Israel beschränkt die Einfuhr von waffenfähigem Material einschließlich Baumaterial und Treibstoff; es hat sich eine Ökonomie der Tunnel entwickelt.

Grenzen und Sperranlagen

Karte Grenzen 2012

Karte Grenzen OCHA 2012

Israel und Ägypten haben seit 1994 eine Sperranlage eingerichtet, die ab 2019 noch einmal erweitert wurde. Zu Israel hin besteht sie aus einem 65 km langen und 6 m hohen Doppelzaun, mit bis zu 40 m in die Tiefe reichenden Stahlbetonplatten gegen den Tunnelbau, mit Überwachungstürmen und Sensoren. Seit der 2. Intifada erstreckt sich ein bis zu 100 m breiter Todesstreifen in den Gazastreifen, an den sich eine Gefahrenzone anschließt, die Bauern nur zu Fuß betreten dürfen.

Gaza Sperranlage

Bild OCHA, Sept. 2023

Die Grenze nach Ägypten ist entlang der sog. Philadelphi-Route mit einer Stahlbetonmauer und zahlreichen bewaffneten Posten gesichert. Seit 2008 wurden zusätzliche Sperrmauern errichtet und seit 2009 wurden bis in 30 m Tiefe Stahlplatten in den Boden versenkt. Seit 2014 wurde ein Sicherheitsstreifen eingerichtet. Zu diesem Zweck wurden zahlreiche Häuser auf der ägyptischen Seite von Rafah abgerissen.

Zum Meer hin wurden umfangreiche Sperranlagen errichtet, den Fischern blieb nur eine auf 6 bis 15 m eingeschränkte Fischereizonen erhalten.

Eine ausführliche Beschreibung hat Eyal Weizman in seinem Artikel für LMD veröffentlicht: Die Gaza-Falle. Abschotten und einhegen – der Masterplan und die Wirklichkeit:
[Auf israelischer Seite der Sperranlage] gibt es eine Reihe von Militärbasen, einige von ihnen in der Nähe oder innerhalb der zivilen Siedlungen, die den sogenannten Gaza envelope bilden. In diesem 10 Kilometer breiten Streifen entlang der Grenze zwischen Israel und Gaza liegen 58 Ortschaften, in denen insgesamt 70 000 Menschen leben.

Die Geschichte des Gazastreifens

wird auf Wikipedia eingehend beschrieben.

Gaza 1948

Gaza Mai 1948. (C) cojs.org

  • 1948 Vertreibung von mehreren hunderttausend Menschen im israelischen Unabhängigkeitskrieg (Nakba); zahlreiche Menschen (wohl mehr als 100 000) fliehen in den Gazastreifen. Flüchtlingslager werden errichtet.
  • Ägypten wird mit der Verwaltung des Gazastreifens beauftragt, die Bewohner*innen bleiben staatenlos. Seit 1950 versorgt die UNRWA die Geflüchteten und ihre Nachkommen, deren Zahl bis heute auf 6 Millionen angestiegen ist.
  • 1967 wird der Gazastreifen nach dem Sechstagekrieg von Israel besetzt, bis zum israelischen Rückzug 2005.
  • Ab 1987 Erste Intifada; Profilierung von Hamas und Jihad-al-Islami. Die Annäherung zwischen Rabin und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) in den 1990er Jahren wird von der Hamas und von israelischen Rechtsextremisten torpediert.
  • 2000 – 2005 Zweite Intifada; Angriffe der israelischen Luftwaffe, Rückzug der israelischen Armee und völlige Abriegelung des Gazastreifens.
  • 2006: Hamas gewinnt bei den ersten und einzigen Wahlen mehr als die Hälfte der Stimmen und vertreibt die Fatah im „Kampf um Gaza“ 2007 aus dem Gazastreifen.
  • 2007 erklärt Israel den Gazastreifen zu feindlichem Gebiet. Zunehmend werden Quassam-Raketen auf Israel abgefeuert, es folgen Vergeltungsmaßnahmen sowie Blockaden. Die Hamas festigt ihre Herrschaft mit Gewalt, aber auch mit sozialen Zuwendungen. Die Quassam-Brigaden verankern sich in der Bevölkerung.
  • Am 23.01.2008 sprengen Kämpfer die Grenzmauer zu Ägypten auf mehreren hundert Metern; viele tausend Menschen gehen in den Sinai. Ägypten errichtet eine 3 m hohe Mauer, die später mit zahlreichen Tunnels untergraben wird.
  • Zum Jahreswechsel 2008/09 reagiert Israel auf den fortwährenden Raketenbeschuss mit Luftangriffen und Panzervorstößen. Die Reaktionen weltweit erinnern an die heutige Situation und rufen die BDS-Kampagne ins Leben. Es folgt eine israelisch-ägyptische Blockade des Gazastreifens, die bis 2011 andauert.
Gaza 2009 Marius Arnesen

"Tent camp gaza strip april 2009" by Marius Arnesen is licensed under CC BY-SA 3.0.

  • Im Februar 2011 demonstrieren zahlreiche Palästinenser*innen im Zusammenhang des Arabischen Frühlings. Hamas löst Demonstrationen gewaltsam auf. Hamas und Fatah unterzeichnen ein Versöhnungsabkommen, Ägypten kündigt die dauerhafte Öffnung des Grenzübergangs bei Rafah an.
  • 2012 – 2014 Raketenangriffe aus dem Gazastreifen; Israel antwortet mit regelmäßigen Luftangriffen: "Mowing the Grass". Im Juli und August 2014 und am "Schwarzen Freitag" werden mehr als 2 000 Palästinenser*innen durch Bomben getötet. Amnesty International and Forensic Architecture veröffentlichen einen Report über Kriegsverbrechen des israelischen Militärs.
  • 2014 Waffenstillstand im "Gazakrieg" und Geberkonferenz in Kairo, zudem Gelder aus dem Kuweit-Fonds und aus Katar.
2018 Protests

Gaza Proteste, Stand 31.05.2018 CC

  • 2018 gab es eine Welle ziviler Proteste gegen die Sperranlagen; am Marsch der Rückkehrer nahmen ca. 30 000 Menschen teil. Die Demonstrierenden wurden von Israel aus mit Todesschüssen von den Sperranlagen ferngehalten; andererseits kaperte die Hamas die Bewegung und zog sie mit Raketenangriffen wieder ins Militärische.
  • 2019 und 2022 weitere Raketenangriffe auf Israel, die zunehmend durch das israelische Raketenabwehrsystem „Iron Dome“ abgefangen werden. Die Lage erscheint stabil, die Netanyahu-Koalition mit rechtsextremistischen Parteien widmet sich verstärkt den Provokationen und der Besiedlung des Westjordanlands.
  • 07. Oktober 2023 Terrorangriff der Hamas.

Die Interessen der Hamas

  • Die Gründungscharta der Hamas von 1988 bezeichnet Israel als "zionistische Version" und verpflichtet sich dem Djihad gegen Israel.
  • 1991 Aufbau der Quassam Brigaden als militärischem Arm neben der politischen Struktur der Hamas.
  • 2006 Hamas gewinnt bei den ersten und einzigen Wahlen mehr als die Hälfte der Stimmen und vertreibt ein Jahr später die Fatah im „Kampf um Gaza“ aus dem Gazastreifen. Die Struktur Quassam-Brigaden durchdringt und militarisiert ihre Kontrolle über die Bevölkerung.
  • Seit 2007 werden großeTeile der Bevölkerung islamistisch durchdrungen. Die Jugend kann die Grenzen nur im Netz überwinden.
  • Die Ökonomie der Tunnel ist für die Hamas seit Beginn ihrer Herrschaft eine wichtige Einnahmequelle. Internationale Hilfsgelder werden über Tunnelsteuern und Schmiergelder in die Kassen der Hamas und einer kleine Schicht von Profiteuren umgeleitet; 2012 wurden die Einnahmen auf 750 Millionen $ pro Jahr geschätzt. Die Zahl der Schmuggeltunnel zum Sinai wurde bis zum Sommer 2013 auf 1 200 geschätzt. In Tunnelbau und Tunnelwirtschaft waren zehntausende Menschen beschäftigt.
  • 2019 Durch die Vertiefung der Sperranlagen an den Grenzen werden die Tunnel tiefer und exklusiver; die teils mehrstöckige Untertunnelung Gazas dient zunehmend den militärischen Zwecken der Hamas, einschließlich des unterirdischen Raketenbaus.
  • Die Hamas erhält direkte Gelder von Katar, der Türkei und dem Iran. Sie kontrolliert zudem die Verwaltung des Gazastreifens und damit auch die überwiegend aus der EU stammenden Entwicklungsgelder.
  • 2017 veröffentlicht die Hamas ein zweites Grundsatzpapier, in dem der Kampf gegen Israel und den Zionismus bekräftigt wird.
  • 2021 – 2022 nimmt der zivile Handelsverkehr über die Erez Grenzstation deutlich zu. Die Hamas sieht ihre Einnahmen aus den Tunnelsteuern gefährdet.
  • Durch die Annäherung Israels mit Saudiarabien und Marokko sieht sich die Hamas übergangen. Zudem sinkt die Unterstützung in der palästinensichen Bevölkerung.
  • Der Terrorangriff vom 07. Oktober 2023 ist aus dieser Sicht eine Notbremse; die Hamas tötete und entführte mehr als 1 200 Menschen.
  • Es war abzusehen, dass viele Tausend Menschen bei dem israelischen Gegenangriff getötet werden würden. Die Hamas hat sie ihrem politischen Kalkül geopfert und benutzt sie als Schutzschild ihrer militärischen Anlagen.
  • Die Erklärungen der Hamas zu den Gründen ihres Terrorangriffs sind aus dieser Sicht vorgeschoben. Eine bessere Erkilärung gibt NYT am 08.11.: Behind Hamas’s Bloody Gambit to Create a ‘Permanent’ State of War: It was necessary to “change the entire equation and not just have a clash,” Khalil al-Hayya, a member of Hamas’s top leadership body, told The New York Times in Doha, Qatar. “We succeeded in putting the Palestinian issue back on the table, and now no one in the region is experiencing calm.”

Israels Krieg

Zum Verlauf des Kriegs: Regelmäßige Updates im ISW Blog unter der Rubrik Iran Update und auf Wikipedia. Die hier zusammengestellten Artikel rufen die jüngsten Ereignisse in Erinnerung.

ACLED 31.10.: Fact Sheet 19. - 31.10.: Israel and Palestine Conflict: Meanwhile, violence has surged in the West Bank amid stepped up Israeli military raids, settler attacks, and violent demonstrations by Palestinians.

NYT 14.11.: Maps: Tracking the Attacks in Israel and Gaza


Die Bombardements

AJE 23.10.: Where are Gaza’s neighbourhoods destroyed by Israel?: Satellite imagery and photographs show entire neighbourhoods have been levelled with many hospitals, schools, places of worship and homes damaged or destroyed by Israeli land, sea and air attacks. (With maps and images)

NYT 31.10.: Israel Hits Dense Gaza Area, Killing Dozens; Says It Was Targeting Hamas: The Israeli military announced that the strike had killed a ringleader of the Oct. 7 attacks. The medical director of a nearby hospital reported hundreds of injured people and many deaths.

Guardian 06.11.: Israeli troops encircling Gaza City expected to enter in force within 48 hours: The Israeli military says it has completely encircled Gaza City after more than a week of heavy fighting, in effect severing the territory into two, as Israeli ground troops appeared poised to enter the dense urban sprawl from the south.

NYT 06.11.: Gaza Death Toll Has Hit 10,000, Its Health Ministry Says

AJE 06.11.: UN chief Guterres urges ceasefire as Gaza becomes ‘graveyard for children’: ‘The nightmare in Gaza is more than a humanitarian crisis. It is a crisis of humanity,’ he said.

Karte Kriegshandlungen

Ausmaß des Hamas-Massakers und der Bombardierungen, aus LMD 09.11.23: Wem nützt die Hamas?

Zum Stand der Zerstörungen AJE 13.11.: If Gaza was in your city, how much would be destroyed?; NYT 14.11.: At Embattled Gaza Hospital, Focus Turns to Most Vulnerable; NYT 16.11.: Israeli forces searched Gaza’s largest hospital and showed what they called evidence of a Hamas military presence. AJE 16.11.: Telecommunications cut off in Gaza after fuel runs out amid Israeli siege

Seit dem 16.11. weitet die israelische Armee den Krieg auf Südgaza aus:
AJE 16.11.: Israel orders evacuation in parts of southern Gaza

Aus der Erlärung von medico 10.11.: Den Horror in Gaza beenden:

Israels Armee ist außer Kontrolle, außerhalb der Verhältnismäßigkeit und außerhalb völkerrechtlicher und wertegeleiteter Bahnen. Die Menschen in Gaza durchleben seit Wochen die blanke Hölle und kein Tunnel unter ihnen rechtfertigt die Fortsetzung dieses Albtraums.

Die Flüchtlingstrecks

Guardian 08.11.: ‘We can’t ignore these people’: huge surge in numbers fleeing Gaza City: Torrent of people carrying children, helping elderly relatives, holding possessions in carrier bags head south: Under white flags, and carrying a few possessions mainly in carrier bags, exhausted parents led their children on Wednesday or carried them under the watch of Israeli tanks as the sounds of war rang out in the near distance. On Sunday, 2,000 people took the opportunity to flee south during a daily four-hour window announced by the Israel Defence Forces. On Monday it was 5,000. By Tuesday the daily column trudging south had swelled to 15,000, according to the United Nations.

Videos von den Trecks auf NYT 16.11.

Bilder von den neuen Zeltlagern:
AJE 14.11.: Rains increase suffering of those living in makeshift tents in south Gaza

Der lange Krieg

Mit dem Plan, die Hamas auszulöschen, muss sich die Israelische Armee auf einen langen Krieg einstellen:

NYT 09.11.: If Israel continues as planned, the next few weeks could be the bloodiest of the war so far. Already, roughly 1,400 Israelis and over 10,000 Palestinians in Gaza have been killed, according to the Hamas-run health authorities in Gaza. That death toll could rise once Israel starts fighting in earnest within the urban warren that is Gaza City, which is Hamas’s stronghold and the primary target of Israel’s invasion. Once Israeli forces enter en masse, we will see very intense urban warfare, in part because this is Hamas’s home turf. It’s where they’ve built and dug hundreds of miles of subterranean tunnels from which they can emerge and launch ambushes that will stymie the Israeli army’s progress.
The mood among Palestinians is one of real terror and fear. They fear a mass displacement from the Gaza Strip and the West Bank. They are already grieving and mourning the largest number of civilians to die in the Israeli-Palestinian conflict since 1982, when Israel invaded Lebanon. And they fear that much more bloodshed is to come.

Siehe hierzu auch: Al Monotor 07.11.: Israel advances rapidly in Gaza, but eliminating Hamas leaders to take time; Spiegel 10.11.: Israel zu jahrelangem Krieg gegen Hamas bereit: Der Krieg in Gaza könnte sich nach Angaben des israelischen Verteidigungsministers Jahre hinziehen. US-Präsident Biden spricht sich unterdessen für mehr Hilfslieferungen aus; AJE 13.11.: ‘Very risky’: Israel faces months-long campaign against Hamas Gaza tunnels

Krieg in Israel und Westbank

AJE 28.10.: Thousands of Gaza workers go ‘missing’ in Israel amid wartime mass arrests: When the Palestinian armed group, Hamas, launched an unprecedented assault on the south of Israel on October 7, about 18,500 residents of Gaza held permits to work outside the besieged strip. The exact number of workers present in Israel as hostilities began remains unknown, but thousands are thought to have been rounded up by the Israeli army and transferred to undisclosed locations.

Siehe hierzu: taz 10.11.: In der Schwebe: Sie hausen in Hallen und provisorischen Unterkünften, nach Gaza können sie im Augenblick nicht. Ihre Zukunft ist unsicher.

ACLED 31.10.: Fact Sheet: Israel and Palestine Conflict: Settler violence against Palestinians in the West Bank – which has been steadily increasing in recent years – also reached an all-time monthly high in October. Notably, ACLED records over 60 incidents of violence against civilians carried out by armed settlers since 7 October. This is an increase of over 20 times compared to September and more than double the number of armed events involving settlers during the previous tensions in May 2021, when an outbreak of violence at the al-Aqsa mosque in Jerusalem triggered unrest across Palestine and Israel.

taz 31.10.: Die Vertriebenen: Seit dem Überfall der Hamas auf Israel wird auch das Leben von Beduinen im Westjordanland gefährlicher. Hunderte sind aus Angst vor Siedlern geflohen.Seit dem Überfall der Hamas auf den Süden Israels am 7. Oktober nahm die Angst im Westjordanland zu. Mindestens 13 Gemeinden sind nach Angaben der israelischen Menschenrechtsorganisation B’Tselem geflüchtet. Insgesamt wurden damit in den vergangenen zwei Jahren fast 20 Ortschaften aufgegebenen. Weitere Orte seien akut bedroht.

DAWN 03.11.: Ben-Gvir Is Arming Thousands of Israelis—and Playing With Fire: Ben-Gvir is setting up hundreds of new armed, volunteer “rapid response squads” that observers warn could end up looking more like Ben-Gvir’s own “private militias.” Arming thousands of Israelis, including settlers, increases the risk of igniting a nightmare scenario across Israel and the West Bank. At the top of that agenda is loosening gun regulations to make it easier for Israeli citizens to acquire firearms and calling for the mass arming of Jews across Israel. Since Oct. 7, more than 120,000 people have applied for a gun license in Israel.

FAZ 08.11.: Die andere Gewalteskalation im Nahen Osten: Seit dem Überfall der Hamas eskaliert die Gewalt auch im Westjordanland. Radikale Siedler greifen vermehrt Beduinen in deren Dörfern an. Die Überfälle folgen einem Muster: Israelische Menschenrechtsorganisationen sprechen von systematischen Angriffen auf palästinensische Bauern und Hirten. Siedler hielten Palästinenser von deren Feldern und Weidegründen fern, entwurzelten Bäume, steckten Felder in Brand und griffen nicht nur Palästinenser, sondern auch israelische und ausländische Helfer an. Ziel sei es, den Menschen das Leben so unerträglich zu machen, dass sie von allein gehen.

Ausweitung des Kriegs in der Region

ACLED 08.11.: The Regional Implications of the Israel-Gaza Conflict: This special Regional Overview explores the implications of the Israel-Gaza conflict across the Middle East.

AJE 23.10.: More than 19,000 displaced in Lebanon as Israel border clashes escalate: UN: International Organization for Migration official says the movement of thousands of people is not helping an already ‘deteriorating’ situation in Lebanon.

AJE 14.11.: Russia, al-Assad step up Syria bombing amid world focus on Israel-Gaza war: Russian and Syrian regime attacks have killed 66 civilians since the start of October, and displaced 120,000 people.

Globale und Regionale Akteure

Bloomberg 13.10.: Wider War in Middle East Could Tip the World Economy Into Recession: Broader consequences could extend from renewed unrest in the Arab world, to next year’s presidential election in the US, where gasoline prices are key to voter sentiment. All of these potential effects depend on how the war develops over the coming weeks or months. Bloomberg Economics has examined the likely impact on global growth and inflation under three scenarios.

Iran und Katar:

Foreign Affairs 01.11.: Why Iran Is Gambling on Hamas?: There is little doubt that Tehran considers it a major victory that Hamas was able to dupe Israeli intelligence and pull off such a large-scale operation. Iran does not hide its strong support for Hamas, and it has outwardly praised the attack.

Saudi Arabien:

Foreign Affairs 07.11.: What the War in Gaza Means for Saudi Arabia

LMD 09.11.: Saudi-Arabien spielt auf Zeit: Der künftige König Saudi-­Arabiens will nunmehr mit allen verfügbaren Mitteln erreichen, dass sein Land in die Liga der Staaten aufsteigt, die das Weltgeschehen auf ökonomischer wie politischer Ebene entscheidend beeinflussen. Deshalb strebt er, nach der Annäherung mit Iran, auch einen Ausweg aus der Jemen-Krise an und versucht im sudanesischen Bürgerkrieg zu vermitteln. Zudem kann er auf nationaler wie auf internationaler Ebene eine Allzweckwaffe einsetzen: den saudischen Public Investment Fund (PIF), der über eine finanzielle Schlagkraft von 700 Milliarden US-Dollar verfügt.

Der Westen:

AJE 06.11.: US nuclear sub offers show of force in the Middle East: The posting was revealed by the military in an announcement late on Sunday. The unusual revelation regarding the location of the ship, which can launch nuclear missiles, suggests a show of force intended to try to contain regional tensions amid the Israel-Hamas war.

Tagesschau 08.11.: G7-Staaten fordern Feuerpausen für Gaza: Anders als bei vorigen Treffen gaben sich die Außenministerinnen und -minister der G7 in Tokio geschlossen. Sie fordern sowohl Feuerpausen als auch Hilfskorridore für den Gazastreifen - und langfristig eine Zweistaatenlösung.

NYT 09.11.: Israeli Forces Have Limited Time in Gaza, U.S. Officials Say: The Israeli military has limited time to carry out its operations in Gaza before anger among Arabs in the region and frustration in the United States and other countries over the spiraling civilian death toll constrain Israel’s goal of eradicating Hamas, U.S. officials said this week.

Die EU:

Der EU Action Plan Israel wurde bis 2025 erneuert. Die EU hat UNRWA und Entwicklungsprojekte im Gazastreifen finanziell stets unterstützt, wiewohl die Gelder aus EU und USA stets nur einen Bruchteil der Gelder ausgemacht haben, die für Israel und Ägypten, und dort hauptsächlich für die militärische Aufrüstung, aufgebracht wurden.

Die EU tut viel, um die Grenzen nach Gaza für humanitäre Missionen offen zu halten, und setzt zugleich darauf, dass Ägypten die Grenze für Menschen geschlossen hält. Es ist insofern nicht falsch, von einem Freiluftgefängnis zu sprechen.

Ägypten hat neben Tunesien in der europäischen Strategie der Migrationsabwehr schon lange eine zentrale Rolle gespielt, von der Küstenwache bis zum Engagement der zivilen NGOs. In der Zahl von 9 Millionen Refugees in Ägypten sind die neu aus dem Sudan geflüchteten Menschen noch nicht enthalten. Nun hat der Ausbruch des Hamas-Israel-Kriegs die Lage akut verschärft. So schreibt Politico am 25.10:

Von der Leyen pushes aid deal with Egypt in bid to stem migration to Europe: In letter to EU leaders ahead of key summit, Commission chief pledges greater support to Arab country.

Our priority should also be to establish a strategic and mutually beneficial partnership with Egypt,” von der Leyen wrote in the letter, adding: “Egypt’s role is vital for the security and stability of the Middle East, it hosts a growing number of refugees, and we have a responsibility to support it.”
In the letter, the Commission president also pledged to speed up migrant returns. The EU’s courting of Egypt comes as the country plays a key role in the conflict between Israel and Hamas, providing an entry point for humanitarian aid to civilians in Gaza but otherwise maintaining a blockade.

Statewatch 16.11.: EU planning new anti-migration deals with Egypt and Tunisia, unrepentant in support for Libya: The European Commission wants to agree “new anti-smuggling operational partnerships” with Tunisia and Egypt before the end of the year [...] Material and financial support is already being stepped up to the two North African countries, along with support for Libya.

NZZ 13.10.: Lindner stellt Finanzhilfen für Israel in Aussicht: Der FDP-Politiker machte am Rande des IMF-Treffens aber erneut deutlich, dass sich Israel auf die Bundesregierung im Kampf gegen den Terror verlassen dürfe. Auch Finanzhilfen etwa in Form von vergünstigen Darlehen zum Rüstungskauf stellte der Minister Jerusalem in Aussicht.

t-online 08.11.: Erheblich mehr Rüstungsexporte für Israel genehmigt: Die Bundesregierung hat ihre Genehmigungen für Rüstungsexporte nach Israel massiv gesteigert. Bis einschließlich 2. November erlaubte sie Ausfuhren im Wert von knapp 303 Millionen Euro - das ist fast zehn Mal so viel wie im gesamten Jahr 2022 mit rund 32 Millionen Euro.

Tagesschau 09.11.: Gaza-Konferenz in Paris: "Wichtiges Signal in schwieriger Zeit": In Paris sind Vertreter mehrerer Staaten und Organisationen zu einer Geberkonferenz für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen zusammengekommen.


Proteste gegen den Krieg

In Israel:

+927 Mag 31.10.: Risking arrest and assault, Israelis begin protesting Gaza war: Gathering outside the army’s headquarters in central Tel Aviv, dozens of Israelis called for a ceasefire and the release of all hostages.“Several of those who participated in the Tel Aviv protest on Saturday told +972 that they wanted to go out to the streets earlier — as soon as it became clear, in their words, that the massacre committed by Hamas on Oct. 7 was being used to justify Israeli war crimes in Gaza — but they feared for their lives due to the public atmosphere. Since the beginning of the war, left-wing activists have been receiving death threats and are being doxxed in right-wing social media groups, with their home addresses and other personal details made public. Some of them, like the prominent journalist Israel Frey, have been forced to flee their homes and go into hiding. “

MENA:

taz 19.10.: Ungebrochene Solidarität: In Tunesien ist die Unterstützung der Palästinenser quasi Staatsräson. Nach dem Raketeneinschlag am Al-Ahli-Krankenhaus im Gazastreifen haben tausende Menschen in der Hauptstadt demonstriert.

FP 25.10.: Spreading Instability: As the Israel-Hamas war continues, leaders in the Middle East and Africa are increasingly worried that the violence and instability could spill over into the wider region. There are concerns that public anger against Israel’s regular bombardment of the Gaza Strip, which is home to 2.3 million residents, is serving to, in the words of the U.N. special coordinator for the Middle East Peace Process, “reignite grievances and reanimate alliances” in the Middle East and North Africa, where another Arab Spring uprising can’t be ruled out.
Mass pro-Palestine protests have been held across the Middle East, including in Egypt, Morocco, Libya, and Tunisia. Egypt in particular is at risk of destabilization given its shared border with Gaza and control over the Rafah crossing, the only non-Israeli-controlled border into the territory. Israel’s former ambassador to the United States, Danny Ayalon, told Sky News that the “people of Gaza should evacuate” to “the Sinai border in Egypt … and Egypt will have to accept them.” Sisi argued that this could cause Sinai to become “a base for terrorist operations against Israel” and proposed that refugees could instead be housed in Israel’s Negev desert.

Europa:

Die politische Landschaft ist geprägt von Demonstrationsverboten, der Schließung von Jugendzentren, dem Zwang zur Solidarität mit Israel. Jegliche Kritik an der israelischen rechtsradikalen Regierung oder der Kriegsführung wird zum Antisemitismus umgedeutet. Der Krieg wird zum Anlass genommen, gegen arabische / muslimische Menschen zu hetzen und eine hegemoniale Debatte zu inszenieren, die so prima zum Meinungskampf gegen die Migration passt. Focus bringt es auf den Punkt: Die Juden oder die Aggro-Araber: Wir müssen uns entscheiden, wen wir halten wollen.

08.11.: Bundespräsident Steinmeier ruft alle "Arabischstämmigen" auf, sich von der Hamas zu distanzieren. DW : German President Steinmeier calls for Arab community to condemn antisemitism

Stellungnahmen

22.05.23: Noam Chomsky für eine No Border Solution (YouTube, 7:55 - 44:15 und 46:48 - 50:50)

Flüchtlingscafe 18.10.: Stellungnahme einiger grenzenloser & transnationaler Linker und Anarchist*innen zum Konflikt in Israel-Palästina: Seit dem 7. Oktober 2023 gab es nach neuen Eskalation durch einen Angriff der Hamas und Gegenschlägen von Israel, wieder viele tausend Tote, Verwundete, Gefolterte und Gefangene. Das ist nur der Gipfel des Alptraums, unter dem die palästinensische und die israelische Zivilgesellschaft leiden.

taz 19.10.: "Das Gesundheitssystem steht vor dem Kollaps“: Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist bereits katastrophal, sagt Tsafrir Cohen von der Hilfsorganisation Medico International. Nach der Explosion in einem Krankenhaus in Gaza-Stadt mit mutmaßlich hunderten Toten: Was erwartet er von Deutschland? Was von der internationalen Gemeinschaft?

Guardian 01.11.: Bernie Sanders: Gaza needs a humanitarian pause. Then we need a vision of where we go from here: One thing is clear: there cannot be a return to the status quo that existed in Gaza before the war.

Verso 08.11.: Our strength, our pain and our solidarity: "Why should the Palestinians be the perpetual refugees of this world, and forced to pay for this continent's horrific crimes?" Palestinian philosopher Yasmeen Daher's spoke at a November 4 rally in Berlin, denouncing the German government's Islamophobia and abuse of collective Holocaust guilt.

taz 09.11.: Menschlich werden: Hass und Rachelust lenken heute die Herzen im Nahen Osten. Dabei schien ein Frieden in der Vergangenheit wiederholt greifbar nah zu sein.

taz 11.11.: „Nur in Grenzen des Rechts“: Der Menschenrechtsanwalt Wolfgang Kaleck fordert den internationalen Strafgerichtshof auf, gegen Israel und die Hamas zu ermitteln.

Siehe auch AJE 09.11.: Three rights groups file ICC lawsuit against Israel over Gaza ‘genocide’

Medico 13.11. : Den Horror in Gaza beenden: Israel wird durch die Verbrechen der Hamas nicht seiner eigenen völkerrechtlichen Verantwortung entbunden. Der Krieg muss enden.

Nachwort

Gaza ist Prototyp eines territorialen Flüchtlingslagers, Relikt der weltweiten Bevölkerungsverschiebungen nach dem 2. Weltkrieg, Produkt der Vertreibung der jüdischen Bevölkerung aus Europa und der Flucht vor den Holocaust. Natürlich müssen die Ängste und Traumatisierungen der Jüd*innen in Palästina ernstgenommen werden. Antisemitismus tötet. Aber auch diese Frage ist gerechtfertigt: "Why should the Palestinians be the perpetual refugees of this world, and forced to pay for this continent's horrific crimes?"

Hamas ist eine Mafia, ein zynischer Lagerverwalter, dem Menschenleben noch nie etwas bedeutet haben. Der islamistische Terror hat ein weiteres Mal ein Fanal gesetzt, das die Welt verändern könnte so wie nach 9/11. Terror und Antiterrorismus sind der Fluch dieses Jahrhunderts.

Die Logik des Kriegs, der gegenseitigen Vernichtung, erstickt kritische Stimmen in Israel wie auch im Gazastreifen. Genau dies mag auf Seiten der Hamas ein Anlass für den Terrorangriff am 07. Oktober gewesen sein. Netanyahu und seine rechtsextremistische Koalition haben einen Krieg begonnen, der nicht nur die israelische Gesellschaft weiter militarisiert, sondern die ganze Region in eine latente Kriegszone verwandelt. Das Vorgehen erinnert stark an den Krieg im Libanon, 1982. Die Hamas-Führung und Netanyahu müssen vor dem IGH angeklagt werden. Genau wie im Fall Putin wird das aber zunächst wenig ändern.

Der Westen macht borderwork und unterstützt die israelischen Kriegsverbrechen, die arabischen Bevölkerungen protestieren dagegen zu Recht und diese Konstellation wird die arabische Welt vielleicht in ungeahnter Weise verändern – all dies vor dem Hintergrund der großen Migrationsbewegungen der letzten Jahre und der fatalen ökonomischen Situation im Libanon, Syrien, Ägypten, Tunesien. Die amerikanischen Kriegsflotte einschließlich atomarer Bedrohung hält den Iran und seine Verbündeten derzeit noch in Schach.

Viele Analysen gehen davon aus, dass die israelische Operation "sehr lange" dauern könnte. Je länger, desto mehr rückt die weiter steigende Zahl der Opfer in den Mittelpunkt und der Krieg wird zu einem Krieg gegen eine Bevölkerung, die kein Staat haben will. Dieser Krieg ist nicht nur ein Krieg gegen die Hamas, sondern ein Krieg gegen die "staatenlose" Bevölkerung in Gaza. 1,2 Millionen Menschen auf der Flucht: wohin?

Das ägyptische Regime will diese Menschen nicht, die im Sinai Probleme schaffen und die jihadistischen Strömungen überall im Land stärken könnten. Auf dem Friedensgipfel am 21.10. betonte Sissi, dass “the liquidation of the Palestinian cause without a just solution” would “never happen at the expense of Egypt.”

Die Evakuierung der Bevölkerung von Gaza in die Wüste von Sinai ist genau so dystopisch wie die Schaffung neuer Flüchtlingslager in Syrien, wie sie andernorts vorgeschlagen wurde. Vielleicht kauft Katar einen Landstrich in Afrika? Hannah Arendts Beschreibung der Staatenlosen ist noch einmal so aktuell wie in den Jahren nach 1938.

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Was kann die Funktion dieses Blogbeitrags sein? Fast jede Zeitung hat ja inzwischen einen Blog zum Thema. Aber die Verwicklungen der EU, der neben den USA wichtigsten Stütze des Containments in Gaza, sind weiterhin unterbelichtet. Unser Thema ist die Externalisierung des EU-Grenzregimes und wir haben Israel schon lange auch als Teil dieses Regimes aufgefasst. Allerdings haben wir uns bisher zur "Palästinenserfrage" nicht geäußert. Auch mit dem Zusammenhang von Einschließung von Bevölkerungen und Massenvernichtung haben wir uns bisher nur am Rande beschäftigt, obwohl die europäische Sahel-Politik und der Genozid in Darfur dazu Anlass genug gegeben hätten. Das ist eine neue Stufe der Necropolitics. Es geht nicht nur um "Failed States" und unkontrollierte Gewaltakteure, sondern tiefergreifend auch um den Zusammenhang von Staatlichkeit und Genocid. Wir werden an diesem Thema, und an der fatalen Verwicklung Europas in diesem Zusammenhang, nicht mehr vorbeikommen.