»Das Geschäft mit den Grenzen wird weiter wachsen«

Die Zahl der Flüchtlinge auf dem Weg zu den Kanaren nimmt wieder zu. Boote aus den westafrikanischen Staaten Mauretanien, Senegal und Gambia steuern meist die vor der nordafrikanischen Atlantikküste gelegenen Inseln Teneriffa oder Gran Canaria an. Eine weitere Seeroute führt von Marokko oder der Westsahara zu den nächstgelegenen Inseln Lanzarote oder Fuerteventura.

Im Juni überließ die spanische Küstenwache, die nur eine Stunde entfernt war, eine Seenotrettung der marokkanischen Marine. Deshalb dauerte es letztlich über zehn Stunden, bis die Marine bei dem betroffenen Boot ankam, mindestens 36 Menschen sind ertrunken.

Das ist Teil der Praxis der spanischen Küstenwache seit 2018. Damals wurden viele der sich dieser Praxis widersetzenden Direktoren der Küstenwache ausgetauscht. So erging es 2019 dem Direktor in Almería, Miguel Jesús Zea Gandolfo; auch Kapitäne wurden entlassen. Im von Ihnen genannten Fall haben wir den Notruf weitergeleitet und standen mit den Menschen an Bord in Telefonkontakt. Wir haben Beweise für unterlassene Hilfeleistung und die Daten weitergegeben. Die Staatsanwaltschaft der Kanarischen Inseln hat bei den Gerichten von Las Palmas de Gran Canaria Strafanzeige gestellt und die Einleitung einer Untersuchung des Geschehen beantragt, als NGO treten wir als Kläger auf. Wir arbeiten mit einer Mutter zusammen, deren vierjähriger Sohn bei dem Unglück gestorben ist, und waren bei der ersten Identi­fikation des Leichnams vor Ort. Mi­gran­t:innen erzählen, dass sie dem Ertrinken überlassen werden. Die spanische Küstenwache weist solche Vorwürfe stets zurück. NGOs und Aktivist:innen, die mit Seenotrufen zu tun haben, wissen aber, dass das eben ihr Vorgehen ist.

Vollständiger TitelNicht spezifiziert
AuthorJan Marot interviewt Helena Maleno Garzón (Caminando Fronteras)
Veröffentlicht vonJungle World 17.08.23
Jahr2023
MedientypArticle
Linkhttps://jungle.world/artikel/2023/33/das-geschaeft-mit-den-grenzen-wird-weiter-wachsen
Themen Migration Routes & Transport, European Externalization Policies & Cash Flows
Regionen Europe, West Africa

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